Hallo und herzlich willkommen auf unserem Blog!

Wir schildern hier unsere Erfahrungen und nach und nach auch die anderer Familien auf der Waldorfschule. Nach der Berichterstattung in den Medien über unseren Fall an der Freien Waldorfschule Mainz gab es rege Diskussionen dazu in den sozialen Netzwerken zum Thema Mobbing, Diskriminierung und (fehlender) Inklusion – und es meldeten sich viele Interessierte und andere Betroffene zu Wort und bei den Redaktionen. Dabei ist die Idee entstanden, diesen Blog zu errichten, auch den betroffenen Familien eine Stimme zu geben und auf Missstände aufmerksam zu machen.

Hier zunächst ein Überblick über die Berichterstattung zu unseren bitteren Erfahrungen, die wir an der Freien Waldorfschule Mainz machen mussten, nachdem unsere beiden älteren Kinder innerhalb von wenigen Wochen aus vollster Gesundheit heraus im Herbst 2022 an Diabetes Typ 1 erkrankten:

https://www.rheinpfalz.de/rheinpfalz-am-sonntag_artikel,-streit-um-diabeteskranke-kinder-die-schule-hat-alle-register-gezogen-um-uns-rauszumobben-_arid,5723677.html

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.streit-um-zuckerkranke-schuelerinnen-riss-in-der-heilen-waldorf-welt.73db17bd-f2fe-41b8-b47a-0cbf8a237524.html

https://www.tagesschau.de/inland/regional/rheinlandpfalz/swr-wegen-diabetes-streit-zwischen-eltern-und-waldorfschule-mainz-eskaliert-100.html

Mit ersten Problemen sahen wir uns bereits kurz nach den Diagnosen konfrontiert. Zuvor waren wir gut in die Schulgemeinschaft integriert und haben uns aktiv für die Schule engagiert. Wir sahen auch damals nicht immer alles nur Rosarot, haben aber stets daran geglaubt, dass wir uns auf die Schulverantwortlichen verlassen können, die Waldorfschule daran interessiert ist, sich für das Wohl ihrer Schüler:innen und Familien einzusetzen und sich auch diverse Probleme mit guter Kommunikation lösen lassen. Wir hatten einen guten Kontakt zur Schule und haben uns auch für deren Erfolg eingesetzt (der Vater arbeitete an verschiedenen Internetauftritten der Waldorfschule, allen voran an einer neuen Schulwebseite, die Mutter unterrichtete an der Oberstufe ein Wahlpflichtfach).

Kurzum: Wir waren stets freundliche, hilfsbereite und engagierte Eltern, mit denen man auch immer reden kann und die überhaupt nicht dafür bekannt sind, ständig „Ärger“ zu machen oder „schwierig“ im Umgang zu sein – ganz im Gegenteil. Die Stimmung änderte sich grundlegend, als unsere Kinder und wir Eltern nach den schweren Schicksalsschlägen der doppelten Diabetes-Diagnosen ein wenig Unterstützung in dieser schweren Lebenslage benötigten: Nach einem heftigen Infekt erkrankten unsere beiden älteren Kinder kurz hintereinander an Diabetes Typ 1, während unser jüngstes Kind noch im Babyalter war. Es handelt sich um eine chronische Stoffwechselkrankheit, die oft bereits in jungen Jahren auftritt, nicht zu verwechseln ist mit dem so genannten „Altersdiabetes“ Typ 2 und nichts mit Übergewicht oder falscher Ernährung zu tun hat. Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem plötzlich seine eigenen insulinproduzierenden Zellen zerstört und damit in eine gefährliche Stoffwechselentgleisung gerät, wenn nicht regelmäßig von außen Insulin zugeführt wird.

Unsere älteste Tochter geriet kurz nach dem Magen-Darm-Infekt in genau diese Situation, entwickelte innerhalb weniger Tage eine akut lebensbedrohliche Ketoazidose und musste anfangs in einem sehr kritischen Zustand auf der Intensivstation behandelt werden. Es war ein schwerer Schock für uns und niemals hätten wir für möglich gehalten, dass diese unheilbare Erkrankung so tückisch, tief greifend und zeitintensiv sein würde: Vielfache Insulinspritzen täglich, Blutzuckermessungen, Alarme wegen drohender Blutzuckerabweichungen nach oben oder unten, ständige Maßnahmen gegen (potentiell gefährliche) Unterzuckerungen, exakte Kohlenhydratberechnungen zu jeder Mahlzeit und schlaflose Nächte waren nun an der Tagesordnung.

Unsere vorher schon sehr selbständigen Kinder waren plötzlich in den alltäglichsten Situationen abhängig von der Hilfe anderer und jedes Essen wurde regelrecht zur Ausnahmesituation. Es dauerte eine ganze Zeit, bis wir eine Routine fürs Diabetesmanagement entwickeln konnten und unsere Kinder Schritt für Schritt lernten, vieles wieder weitgehend alleine zu bewältigen, etwa Blutzuckerwerte richtig zu bestimmen und einzuordnen, Blutzuckerkurven nachvollziehen zu können, die richtige Menge an Kohlenhydraten (und zeitversetzt auch den Protein-/ Fettgehalt) für Mahlzeiten und Getränke zu berechnen, die richtige Menge Insulin dafür zu ermitteln und dieses selbst zu injizieren – eine echte Herausforderung für ein Kind im Grundschulalter. Vieles ist mittlerweile deutlich einfacher und zur täglichen Routine geworden, vieles stellt für unsere Kinder und uns noch immer eine enorme Belastung dar. Nicht zu vergessen sind die vielen Sorgen, die man als Eltern in den normalsten Situationen der Welt von den einen auf den anderen Tag plötzlich haben muss, weil der Blutzucker bei Diabetes Typ 1 in potentiell jeder Situation auch sehr plötzlich gefährlich entgleisen kann.

Die Diagnose stellte uns als Familie somit vor viele Herausforderungen, die wir zu bewältigen hatten – insbesondere in der Anfangszeit waren diese kaum zu stemmen. Doch statt Unterstützung und Verständnis von der Schule zu erfahren, stießen wir immer wieder auf Ablehnung und Desinteresse, sahen uns mit Hindernissen, Ausgrenzung und sogar Mobbing konfrontiert (einzelne Schulmitarbeitende sind davon ausgenommen und waren z.T. sehr hilfsbereit, wurden aber „von oben“ schnell ausgebremst). Wir waren überhaupt nicht an einem Konflikt interessiert und uns war einzig daran gelegen, unseren Kindern einen sicheren und gleichberechtigten Schulbesuch zu ermöglichen. Von der Schule erwarteten wir nicht mehr als eine Klärung der Notfallsituation (die rechtlich, z.B. zum Thema „Notfallmedikament“, klar geregelt ist), eine gute und transparente Kommunikation mit uns und ein wenig Verständnis für die Besonderheiten der Erkrankung im Schulalltag.

Was wir daraufhin nach der Diagnose und innerhalb des darauf folgenden Schuljahres an der Freien Waldorfschule Mainz erleben mussten, hätten wir niemals für möglich gehalten und wir fühlen uns nicht nur nachhaltig diskriminiert und entrechtet, sondern auch massiv geschädigt und traumatisiert. Von der Waldorfschule hatten wir uns eigentlich eine ganzheitliche, menschlich orientierte und auf die persönlichen Bedürfnisse der Kinder zugeschnittene Pädagogik erhofft. Rückblickend müssen wir leider auch das System Waldorfschule von Grund auf neu bewerten, das für uns keineswegs mehr für individuelle Förderung, Bedürfnisorientierung, ein soziales und gutes Miteinander, Geborgenheit und gleichberechtigte Teilhabe der Schüler:innen steht – ganz im Gegenteil. Mittlerweile stehen wir mit vielen ehemaligen „Waldorf-Eltern“ in Kontakt und wissen: Wir sind längst nicht die einzige Familie, die derartige oder ähnliche Erfahrungen an der Waldorfschule machen musste.

Daher wird diese Seite sich mit der Zeit auch weiteren Erfahrungen anderer Familien widmen und allgemein die Themen Gemeinschaft, Inklusion, Unterstützung und das soziale Miteinander in der Waldorfpädagogik aufgreifen.

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